Die Last der Straße
Wir alle kennen das: In einem Restaurant am Rande einer belebten Straße sitzen und zusehen, was sich alles auf der Straße bewegt. Das macht richtig Spaß.
Aber ganz anders ist es, wenn jemand, sei es Mann, sei es Frau, gezwungen ist, auf der Straße zu leben, weil er oder sie keine eigene Wohnung mehr hat! Dann „hört der Spaß auf“, wie wir gerne sagen. Denn das ist kein Zuckerlecken, sondern eine Form zugespitzter Armut, ja Elend. Und davon haben auch wir in Deutschland genug. So auch im lebensfrohen Düsseldorf. Davon kann der gutenachtbus mit seinen gut 60 Ehrenamtlichen berichten, wenn er vom nächtlichen Einsatz bei den Obdachlosen auf den Straßen zurückkommt. Die, die als Ehrenamtliche sich aufmachen, erleben in ihren Begegnungen immer neu, was es heißt: ohne Schutz auf der Straße zu leben. Dabei ist der Bedarf sehr groß, und sie können nicht genug an Decken, Schlafsäcken, Isomatten an die Obdachlosen herausgeben, damit jeder etwas zum Schlafen in einer Hausecke, unter Brücken oder auf dem nackten Boden hat.
Wer aber sind die, die zum gutenachtbus kommen? Auf jeden Fall Menschen wie Du und ich, aber oft mit einem besonders schweren Schicksal. Es lohnt sich, ihnen zuzuhören und dem, was sie erleben, ein wenig nachzugehen. Tun wir es gemeinsam!
Die Last der Straße
Früher hießen sie die „Berber“ oder „Nomaden der Straße“. Gemeint waren die, die obdachlos die Straße zu ihrem Lebensraum gemacht haben, denn etwas Anderes haben sie nicht mehr. Der Name mag sich geändert haben, aber die Wirklichkeit heute ist von der vor dreißig oder vierzig Jahren gar nicht so weit entfernt.
Denn alles, was sie haben, ist oft genug in einem Einkaufswagen verstaut, den sie mitschleppen, und das reicht nicht, um die Grundhygiene immer bei halten zu können. Sie leben am Rande, auch wenn sie tagsüber auf den Straßen zu sehen sind, wo sie Papierkörbe nach Flaschen und zuweilen auch nach Essbarem absuchen, Straßenzeitungen anbieten, um sich etwas zu verdienen, oder an manchen Plätzen mit einem Bier in der Hand herumstehen und diskutieren. Sie fallen auf, ob sie wollen oder nicht.
Der Blick von außen – genügt er?
Kein Wunder, dass Obdachlose oft mit eigener Subkultur uns nicht gleichgültig lassen. Die einen möchten sie am liebsten aus den Städten vertreiben, gar ihnen zu Leibe rücken, und anderen wiederum glauben, ihnen mit Mitleid und einer kleinen Spende in den Cola-Becher begegnen zu sollen, was ja auch das eigene Gewissen beruhigt. Nur die wenigsten lassen diese unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger auf der Straße – oft Tag und Nacht – kalt und empfindungslos.
Beide Verhaltensweisen ihnen gegenüber sind verbreitet, aber letztlich bleiben sie „draußen“, begnügen sich mit geringen Aktivitäten des Mitleids und ändern nicht an deren Schicksal.
Statt schauen - handeln: der gutenachtbus
Auch wenn die meisten von uns sich letztlich mit einer von beiden Sichtweisen begnügen, so gibt es zum Glück noch diejenigen, die es damit nicht bewenden sein lassen wollen. Was sie wollen, ist die Übernahme einer aktiven Rolle der Hilfe und Begegnung mit den Obdachlosen nachts auf Düsseldorfs Straßen. Sie bilden den Kern der ca. 60 Ehrenamtlichen, die den gutenachtbus, an fünf Nächten pro Woche von 22.00 bis 00.30h, begleiten. Sie regeln gemeinsam mit einer bezahlten Kraft die Ausgabe von Suppe, Brötchen, Kuchen und Getränken, von Schlafsäcken, Decken, Zelten bis zu Schuhen und Kleidung. Kurzum: Ihr Ziel ist es, die „Klienten“ am gutenachtbus mit allem auszustatten, was sie für die Nacht draußen brauchen.
Diese Ehrenamtliche wollen handeln, den Obdachlosen das Leben erleichtern, „zurückgeben“ von dem Guten, welches sie erhalten haben. Ja, am liebsten wäre es ihnen, sie könnten den einzelnen oder die einzelne in eine Wohnung vermitteln, in der sie sich wieder in die Gesellschaft integrieren können. Sie sind von einem Ziel beseelt, das lange als utopisch galt. Denn wer schon gibt als Vermieter einem Obdachlosen oder einer Obdachlosen den Vorrang bei der Vermietung? „Das gibt doch nur Ärger, denken da viele, die Zimmer oder eine Wohnung vermieten, und lassen die Bewerbung von Obdachlosen direkt beiseite.
Gibt es einen Weg heraus? Housing-First als Chance.
Nun wird man sicherlich nicht der Vorstellung nachlaufen, ein gutenachtbus und die gut 60 Ehrenamtlichen könnten das Blatt wenden und die Zahl der „Nachbarn“ auf der Straße merklich verringern. Das zu denken wäre illusorisch, schon allein deshalb, weil die Zahl derer, die nachrücken, durchweg größer ist. Und das bei gut 100 Obdachlosen, die täglich am gutenachtbus um Hilfe anstehen. Hier lohnt es, das Prinzip von Amnesty International zu übernehmen: „Auf den Einzelfall kommt es an.“. Anders geht es nicht.
In diesem Sinn haben wir uns ebenfalls dem Housing First-Modell angeschlossen und aktuell 6 Wohnungen in Düsseldorf und Wuppertal zusammen erworben und an Obdachlose vermietet. Auch wenn die Zahl gering ist, angesichts der tatsächlichen Zahl derer, die auf der Straße in Düsseldorf und Wuppertal leben, so gilt doch erneut die Feststellung, dass immer wieder „Der Einzelfall zählt.“
Die Hand bleibt ausgestreckt
Leider müssen wir feststellen: Es werden mehr Menschen obdachlos, als derzeit durch Housing First bei uns aufgefangen werden können. Von daher geht es darum, denen, die draußen sind, auch weiterhin und die Hand der Hilfe am gutenachtbus zu reichen - und zugleich auch für die da zu sein, die in Gefahr sind in die Obdachlosigkeit abzurutschen.
Bei vision:teilen e.V. versuchen wir, auch diesbezüglich gegenzusteuern und diesen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in prekärer Situation die Hand zu reichen. Und dies gerade jetzt, wo die Folgen von Energiekrise und Mieterhöhungen bei so manchem die Sorgenfalten immer tiefer werden lassen. Für sie alle gilt: Im Rahmen unserer Möglichkeiten bleibt die Hand der Gastfreundschaft und Hilfe ausgestreckt, und das nicht zuletzt „um Gottes willen“.
Diese Dreiheit unserer Projekte hat ein gemeinsames Ziel:
Denen die Hand zu reichen, die am Rande der Gesellschaft stehen und unsere Hilfe brauchen. Für jede Hilfe sind wir Herzen dankbar!
Spendenkonto:
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Stichwort: 2023-05-02
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