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Begegnungen die uns nachgehen

Wer sind eigentlich unsere Nachbarn und Nachbarinnen? Wir stellen vor.

Auf ein Wort

„Ach je, diese Alten!“ Wie oft hören wir diesen oder einen ähnlichen Stoßseufzer, wenn uns ältere Menschen auf die Nerven gehen. „Diese Alten wiederholen sich ja immer nur selbst!“. Stimmt das wirklich – und trifft das für alle zu? 

Die Begegnung unserer Ehrenamtlichen in hallo nachbar! mit älteren, behinderten und auf Hilfe angewiesenen Mitbürgerinnen und Mitbürgern belehrt uns immer wieder eines Besseren. Denn viele von denen, die in ihrer Mobilität, in der Sehkraft oder im Hören eingeschränkt sind und die hallo nachbar! um Begleitung und Begegnung bitten, sind von einem großen inneren Reichtum geprägt, der das Leben in seiner ganzen Bandbreite widerspiegelt. Und oft ist es so, dass am Ende der oder die Ehrenamtliche die Beschenkten sind, auch wenn sie mit der Absicht, selber Zeit und Geduld zu schenken, begonnen haben.

Gerade deshalb ist hallo nachbar! so spannend. Denn es ist die Begegnung mit dem Leben selbst. Und das lohnt sich. 

Davon bin ich überzeugt! Sie auch?
Ihr Br. Peter Amendt

Begegnungen, die uns nachgehen

„Wissen Sie, ich bin so froh, dass ich über hallo nachbar! Frau B. kennen gelernt habe. Sie gibt mir so viel!“ Ein Wort einer Ehrenamtlichen, das mir zeigt: Bei hallo nachbar! sind wir den Menschen in Düsseldorf ganz nah! Ihr Schicksal, ihre Freude, ihr Leid, es trägt und tröstet uns selbst, während wir ihnen begegnen. Dabei brauchen wir gar nicht weit zu gehen, manchmal nur über die Straße hinüber, um diesem vollen Leben mit seinem Auf und Ab zu begegnen. Einige Beispiele machen deutlich, was dieses Leben ausmacht.

 

Offen für das Leben

Ich kenne Frau B. schon länger. Eigentlich schon, als sie mich bat, bei der Beerdigung ihres ersten Sohnes zu helfen. Da besuchte ich sie zum ersten Mal, um mehr davon zu wissen. Und das tat wirklich weh: Der Sohn, der zeitweise in einer katholischen Ordensgemeinschaft gelebt hatte, war schon lange krank, arbeitsunfähig, siechend. Er war „Mutters Liebling“ und ein Vater war längst entschwunden, verstorben. Sie hing an ihm, dem Vierzigjährigen, mit dem sie zusammenwohnte. Aber alle Liebe der Mutter half nicht, ihn von seinem Siechtum zu befreien. Am Ende tat es Bruder Tod. 

Damals, wie gesagt, hatte sie sich an mich gewandt, denn sie hatte von mir als Franziskaner gehört. Als ich zu ihr kam, traf ich auf eine tapfere Frau. Keine Wehmut, höchstens verstohlene Tränen, aber weiterhin Gottvertrauen. Die Beerdigung: schlicht, eine Arme-Leute-Aktion. Denn sie war wenig bemittelt und hatte auch nichts für den Sohn tun können. – Zwischenzeitlich traf ich sie dann beim hallo nachbar-„Schmiede-Donnerstag“, dem Treffpunkt mit Kaffee und Kuchen mit anderen „Nachbarn“ und „Nachbarinnen“ von hallo nachbar! zum Austausch und gegenseitigen Stütze. 

Ich erinnere mich auch gut, wie sie sich um eine Mit-Nachbarin sorgte, die es allein nicht mehr zum vierzehntägigen Treffen schaffte. Sie bat mich, sie ebenfalls zu holen, denn sie hatte Sorge um sie und ihre Vereinsamung. Sie war einfach immer wieder für andere da, und das auch noch, als der zweite der beiden Söhne ebenfalls todkrank darniederlag und verschied. Sie war einfach tapfer und zugleich weiter offen für das Leben, nie verbittert. Und das bis heute, obwohl sie altersmäßig nicht mehr viel vom Leben zu erwarten hatte. Aber dafür schenkt sie ihre Liebe, ihre Standhaftigkeit, ihr Beispiel den anderen – so wie sie es ihr ganzes Leben getan hatte. Sie ist, auch wenn sie es nicht hören will, für uns alle ein „Gottesgeschenk“.

 

Schachspiele

„Sie spielen doch Schach?“, sprach mich vor Längerem eine der Sozialarbeiterin von hallo nachbar! an. Ich sagte: „So leidlich. Ich habe es lange nicht mehr getan.“ „Macht nichts“, meinte sie. „Herr N. würde sich sehr freuen, wenn Sie ihn besuchen und mit ihm Schach spielen. Das ist so das Einzige, das er hat.“

Gesagt, getan, und wenig später steige ich die Stiege zu ihm in einem der Reihenhäuser gegenüber dem Bahndamm in der Nähe des Hauptbahnhofes hinauf. Ich schelle in der zweiten Etage. Ein Mitt-Fünfziger macht mir auf. Schon der erste Blick genügt. Der Boden voll mit Müll. Ein Mensch, der es schwer hat sich Ordnung zu halten. Einer, der mit seiner Einsamkeit und seiner Psyche kämpft. Frühpensioniert, muss er schauen, wie er seinen Tag ordnet. Das Schachspiel gegen einen Schachcomputer ist da für ihn eine wichtige Ablenkung. Denn ansonsten kreisen die Gedanken fast immer um seine Krankheit und Beeinträchtigung in der Mobilität. 

Die Begegnung mit ihm nahm mich in Beschlag. Wie mag es ihm gehen, wenn er so allein ist? Wer ist für ihn da, wenn die Krankheit, die ich nur ahnen kann, ihn so in Beschlag nimmt? Der Gedanke lässt mich nicht los, während ich mich verabschiede. Wie kommt man eigentlich mit sich zurecht, wenn man so ganz allein ist? Ich weiß es wirklich nicht. Und doch weiß ich: So wie ihm kann es auch mir einmal ergehen. Und dann heißt es: Sei offen für das Leben – und gestalte es, damit Du nicht Opfer Deiner selbst wirst. 

 

Aus dem Schicksal das Beste machen

„Oje, der Arme!“ war meine erste Reaktion, als ihn sah. Denn es war eine kleine Pressekonferenz von hallo nachbar!, und Herr Z. kam etwas verspätet an, am weißen Stock als Blinder erkenntlich. Wie üblich sah ich nur das Defizit seines Lebens, das fehlende Augenlicht seit der Geburt. Aber bald zeigte es sich, dass meine Perspektive die falsche war. Denn er bewegte sich, als ob er genau wüsste, wo er gehen konnte und wo sein Platz wäre, und auch zum Treffpunkt war er selbständig mit dem Taxi gekommen. 

„Wie geht das wohl?“, dachte ich mir, als unsere Sozialarbeiterin ihn begrüßte und ihn bat, kurz zu sich selbst etwas zu sagen. Er tat es ganz selbstverständlich, mit Angabe von Beruf und Tätigkeit. Er trägt sich selbst, ist im IT-Beruf unterwegs und macht zuhause alles Notwendige selbst. Lediglich für die eine oder andere Begleitung und als Gesprächspartner hat er sich jemand aus den Ehrenamtlichen erbeten und bekommen.

Auch wenn ich es nicht zeigte: Ich habe nur staunen können, wie jemand ohne Augenlicht das Leben in vollen Zügen sich zu eigen macht und von seinem inneren Reichtum mitteilt, wo andere mit zwei Augen nur Bedrückendes in ihrem Lebenden. Er brauchte nicht viele Worte, und doch spürten alle sofort: Hier ist das Leben in Fülle zuhause. 

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