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Menschenwürde im Alter

Auszüge aus unserem Beiheft in der fiftyfifty-Strassenzeitung - 11|2024 zum Thema "LAST ODER SEGEN?"

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“

„Meine Güte!“, werden Sie vielleicht sagen, „das ist doch ein Schmarrn von früher“. Nun, wer so denkt, denkt auf der einen Seite sehr realistisch. Denn Krieg, Terror, Folter zeigen: Im Alltag, so scheint es, ist diese Würde oft keinen Pfifferling wert. „Der Mensch ist des Menschen Wolf“: Wer kennt nicht dieses alte Wort und findet es gerade heute angesichts der bekannten Kriege tausendmal bestätigt. 

Aber stopp! Ist damit wirklich alles gesagt? Ist die Menschenrechts-Charta der UN somit nichts mehr als ein „wishful thinking“, ein utopisches Gedankengebäude, das in sich zusammenbricht, sobald es konkret wird? - Wer so denkt, wer die „raue Wirklichkeit“ allen utopisch klingenden Idealen der Menschenrechte gegenüberstellt, hat leider allzu oft Recht. Denn das Menschenrecht wird gerade heute weltweit mit Füßen getreten. Der Verweis auf die aktuellen Kriege macht es deutlich.

 Aber zugleich entgeht einer solchen realistischen Sicht auch etwas ganz Wesentliches. Denn es gibt neben allem Realismus auch die normative Kraft der Utopie, des Nicht- oder Noch-nicht-Erreichten. Sie hat sich in der Menschenrechtsdeklaration der UN festgemacht. Denn dort wird die Würde des Menschen feierlich anerkannt, sozusagen in Stein gemeißelt, und dies gilt auch dort, wo sie nicht eingehalten und offen zerstört wird. Der „Griff zu den Sternen“ bleibt, auch wenn diese, um im Bild zu sprechen, unendlich weit entfernt zu sein scheinen. 

Diese unveräußerliche Würde des Menschen wird da konkret, wo sie anerkannt, dem Umgang miteinander zugrunde gelegt und vom einzelnen empfunden und eingefordert wird. Nur wenn wir uns selbst und anderen diese Würde zubilligen, kann sie wirklich werden!

Genau da aber ist der Punkt, an dem es vielfach bei uns hakt. Denn die Fixierung der Menschenwürde und der daraus resultierenden Menschenrechte im positiven Recht eines Staates oder gar der UN ist das eine, die Akzeptanz und Zubilligung für sich und andere im Alltag ist das andere. Beides deckt sich bekanntlich nicht, leider! 

Dies gilt auch immer wieder bei uns selbst. Denn nur allzu oft wird diese Würde geringgeschätzt – sei es bei uns selbst, sei es bei anderen. Gerade im Alter treffen wir darauf, dass die Würde, die jeder hat, gemessen wird an dem, „was zählt“, was der einzelne leistet, was er zum gesellschaftlichen Wohlstand beiträgt. Aber ist das richtig? Braucht es nicht eine echte „Blick-Wende“, nämlich den Blick dafür, wieviel Wertvolles jeder von uns in sich trägt und was er zum gegenseitigen Respekt, zur gegenseitigen Wertschätzung in der Gesellschaft beiträgt? 

Diese Frage bewegt, vor allem dann, wenn wir gerade im Blick auf ältere Menschen begreifen: Nicht seine Leistung verschafft ihm Würde, sondern sie ist in ihm und muss nur entfaltet werden – und das oft auch noch spät im Leben. 

Wie Würde im Alter gelingt: zum Einsatz von hallo nachbar!

„Wir sind die Truppe gegen Einsamkeit!“, so nennt sich gern „hallo nachbar!“, ein Projekt des Düsseldorfer Vereins „vision:teilen“ e.V. mit Sitz in der Schirmerstr. 27. Natürlich sagen wir es mit einem Schuss Selbstironie, denn Einsamkeit ist nicht etwas, was man mit Schneekanonen bekämpfen kann. Es ist – über das selbst gewählte Alleinsein hinaus – eine innere Not, ein Selbstzweifel, die Erfahrung von Ohnmacht und geringem Selbstwertgefühl. Einsamkeit, Vereinsamung als länger wirkender Prozess zieht nach unten, lässt uns anSIND SIE EINSAM UND SUCHEN ANSCHLUSS IN DÜSSELDORF? uns selbst zweifeln, und kann bis dahin gehen, dass wir am Ende verzweifeln und keinen Ausweg mehr sehen. Die seelische Not der Depression ist oft genug Folge der Vereinsamung, aber auch Ursache für den erneuten Selbstzweifel, der die Vereinsamung verstärkt. 

 

Allein schafft man es meistens nicht

Wer diesen Prozess der Vereinsamung kennt, weiß nur zu sehr, wie schwer es ist, ihm zu entgehen – und zurückzufinden an den Glauben an sich selbst, an den eigenen Wert und die eigene Würde. Großartig, wer es von sich aus allein schafft, besonders wenn die Einsamkeit im Alter doppelt schwerfällt und oft genug von Einschränkungen und Behinderungen begleitet ist, die dem „Radius“ der Entfaltung der eigenen Fähigkeiten enge Grenzen setzt! Aber so stark sind wir meistens nicht und schaffen es allein kaum, uns da herauszuarbeiten. „Was bin ich noch wert?“ Diese Frage der Würde, des Selbstwertes ist dann ganz praktisch, ganz mächtig. Und da braucht es oft genug ein „Du“, das mir die Hand reicht und mir möglich macht, meinen Eigenwert, meine Würde wieder zu erfahren. 

 

Die ausgestreckte Hand: „hallo nachbar!“

Genau diese Erfahrung liegt der Gründung von „hallo nachbar!“ vor gut zehn Jahren in Düsseldorf zugrunde, als die Frage im Raum stand: „Was tun wir gegen Einsamkeit, vor allem im Alter?“. Die Antwort ist bildlich die ausgestreckte Hand: Begleitet von drei Sozialarbeiterinnen, die den Erstkontakt herstellen und den Prozess begleiten, besuchen Ehrenamtliche die „Nachbarn“ in Not, die sich gemeldet haben, zuhause und sind einfach Woche für Woche mehrere Stunden für sie da – zum Zuhören, auch für kleine Erledigungen, zum Gespräch und zur Hilfe, kurz: zum „Ich komme zu Dir, weil Du mich brauchst“. 

Dabei drehen sich die Gespräche um den Alltag, um Vergangenheit und Gegenwart, um das, was gebraucht wird – aber im Hintergrund passiert etwas anderes: die Überwindung der Isolierung in der Einsamkeit und die Wiederentdeckung der Würde auf beiden Seiten im gegenseitigen Respekt, in der sich anbahnenden Freundschaft. Und da spürt so manche und mancher: „Der Wert, den ich in mir trage, hängt nicht von meiner Leistung, von dem Geld ab, das ich habe oder nicht habe, sondern davon, dass jemand mir diese Würde zurückgibt – im Zuhören, im Wohlwollen, in dem Akzeptieren, wer ich bin.“ Es ist wirklich eine Erfahrung, die Berge versetzen kann – die Berge der Vereinsamung und oft auch der inneren Selbstzerstörung. Genau dafür gibt es hallo nachbar! 

SIND SIE EINSAM UND SUCHEN ANSCHLUSS IN DÜSSELDORF?

Melden Sie sich bei uns. Unter 0211- 15 30 60 erreichen Sie unsere SozialarbeiterInnen. Unterstützung im Alltag, Gesellschaft oder auch gemeinsame Ausflüge oder Hilfe im Umgang mit Handy/PC. Gemeinsam finden wir heraus wie wir sie am Besten unterstützen können. Unser Angebot ist für Sie kostenlos und ungezwungen.

 hallo-nachbar(at)vision-teilen.org     

Viele Senioren in Düsseldorf leben alleine

Laut der Erhebung der Stadt Düsseldorf gab es im Jahr 2017 insgesamt 356 609 private Haushalte in Düsseldorf. Hierunter befanden sich 86 771 Seniorenhaushalte (24,3 %). Mehr als die Hälfe der Senioren in Düsseldorf Senioren leben einsam und allein in 1-Personenhaushalten (53,8 %). Dies betraf zur Zeit der Erhebung 46 690 Bürger. Statistisch sind diese Menschen stark von Einsamkeit und deren Folgen betroffen.

Einsamkeit und Armut

Das Armutsrisiko der Personen im Alter von 65 und mehr Jahren ist seit 2006 nahezu kontinuierlich gestiegen. Alleinlebende ältere Menschen haben im Vergleich zu Personen in Zwei- oder Mehrpersonenhaushalten ein deutlich höheres Armutsrisiko. In Düsseldorf leben ca. 9.000 SeniorInnen an der Armutsgrenze und die Tendenz ist steigend. Begleitend und meist als Folge der finanziellen Einschränkungen kommt die soziale Isolation aufgrund von fehlenden Teilhabemöglichkeiten (gesellschaftliches Leben, Ausgehen, Kulturangebote, usw.)

Möchten Sie einsame Menschen in Düsseldorf unterstützen?

Eine 67-jährige Dame aus Düsseldorf-Friedrichstadt sucht eine nette Unterstützung welche sie ab und zu nach draußen begleitet um z.B. Einkäufe im Stadtteil zu erledigen. Da die Dame blind und schwerhörig ist, ist sie auf unsere Hilfe angewiesen. Sie verfügt über sämtliche Hilfsmittel für blinde Menschen und fit, aber manche Wege, die sie nicht kennt, kann sie nicht alleine machen. 

Eine 89-jährige ehemalige Französischlehrerin freut sich über anregende Gespräche über die Welt, Geschichte, Kultur und arabische Literatur, auch wenn ihr das Sprechen aufgrund von Dysphonie schwerfällt. Sie lebt in der Nähe der Kreuzkirche in Düsseldorf-Derendorf und würde die Gespräche gerne bei einem kleinen Spaziergang führen.

 

Möchten Sie diesen netten Damen helfen? Dann melden Sie sich bei uns: Tel. 0211- 15 30 60 oder hallo-nachbar(at)vision-teilen.org

Weitere einsame Menschen in Düsseldorf brauchen unsere Unterstützung. Auf unserer Webseite finden Sie die aktuellen Hilfsgesuche: www.hallonachbar.org/hilfsgesuche. Bitte helfen Sie uns mit Ihrem Engagement, die Einsamkeit vieler Menschen in Düsseldorf zu lindern!