International: Corona im Blick auf unsere Auslandsprojekte

Unsere große Sorge: der Blick in verschiedene Länder unserer Partner

Stand 16.07.2020

Liebe Freunde und Partner,

Zwischen dem Zeitpunkt als wir das erste Mal von Corona hörten und jetzt, liegt nicht viel Zeit. Aber es hat sich seitdem einiges geändert, im Kleinen, zu Hause, auf der Arbeit und zwischenmenschlich, aber auch im Großen, was die Politik und Ausgangsperren weltweit und gestrichene Flüge betrifft, von den Einschränkungen für Unternehmen ganz abgesehen. Vieles ging so schnell, als dass wir kaum (be-)greifen konnten und können, was wirklich geschieht und noch weniger können wir die Konsequenzen absehen. Es blieb nur, jeden Tag auf sich zukommen zu lassen und abzuwarten, was die Nachrichten brachten sowie im Hier und Jetzt zu sein.

Wir haben aber auch etwas gelernt: Der Coronavirus hat einmal mehr gezeigt, dass wir eine Menschheit sind, dass er keinen Halt vor Ländergrenzen und keine Unterschiede zwischen Nationalitäten macht.  Er führt uns auch vor Augen, wie privilegiert wir in Deutschland sind. Wir leben in einem stabilen politischen, wirtschaftlichen und sozialen System und greifen auf ein Gesundheitssystem zurück, das im Vergleich zu anderen Ländern ein hohes Niveau hat. Zudem haben wir eine Regierung, die ihre Gedanken mit uns teilt und so handelt, dass man ihr weitestgehend vertrauen kann.

Mittlerweile haben sich in Deutschland und Europa wieder Öffnungen und eine scheinbare Rückkehr zu einer neuen Normalität ergeben.

Unsere große Sorge: der Blick in verschiedene Länder unserer Partner!

Denn in vielen Ländern dieser Welt sieht die aktuelle Situation noch immer anders aus. Wir haben einige alte und neue Berichte unserer Partner zusammengetragen, die aufzeigen wie viel schwieriger die Situation für die Ärmsten der Armen ist, wie problematisch Regierungen sind, die ihre Bürger nicht schützen und nicht rechtzeitig die richtigen Maßnahmen ergreifen (Brasilien) und wie schwierig es auch für die Länder ist (bspw. Peru), die frühzeitig reagiert haben, aber ganz einfach aus dem Grund, das der Zugang zu fließendem Wasser, zu Internet, zu einem funktionierendem Gesundheitssystem und zu sicheren Arbeitsverträgen nicht gegeben sind, besonders stark betroffen sind.

 


 

Bosnien und Herzegowina:

Die letzten Nachrichten besagen, dass auch dort die gleichen Maßnahmen wie bei uns in Gang gesetzt sind (Schließungen von Schulen und allen Einrichtungen, in denen sich die Menschen treffen). In den Städten greifen die Kontrollen, während auf den Dörfern das gewohnte Leben noch eine Weile weitergeht, aber die benötigten Produkte knapp werden. (Stand: 08.04.2020)

 




Pakistan:

In der Provinz Sindh, in Pakistan, herrscht seit dem 23.03 komplette Ausgangsperre. Das Arbeitsrecht für Arbeitnehmer in Pakistan ist schlecht und die meisten Menschen sind Tagelöhner, die jeden Tag erst nach erbrachter Arbeit ihren Lohn erhalten. Ohne zur Arbeit gehen zu dürfen, können diese Menschen kein Einkommen generieren, um sich Nahrung zu kaufen. Bischof Samson Shukardin aus Hyderabad, Provinz Sindh, versucht, den hungernden Tagelöhnern zu helfen. Wir konnten ihm bereits bei der Beschaffung und Verteilung von Lebensmitteln unter den Ärmsten unterstützen. Denn es drohen Menschen mit und ohne Corona zu verhungern.

Die Situation scheint sich momentan von Tag zu Tag zu verschlechtern. Die Zahlen steigen bisher jeden Tag weiter an und der höchste Punkt soll noch immer erreicht sein. Am 16.06 lagen die Zahlen mit 111 Toten auf dem Höchststand. Hinzu kommt, dass die Regierung noch immer die Konten von verschiedenen Hilfsorganisationen blockiert. Solange eine, nach einem neuen Gesetz, beschlossene Erlaubnis von Seiten des Innenministeriums nicht ausgestellt ist, lassen die Banken keine ausländischen Gelder in das Land fließen. Und die offizielle Erlaubnis lässt auf sich warten. Die Corona Situation verlangsamt diesen Prozess noch mehr. Die Bischofskonferenz versucht sich derzeit für eine Beschleunigung einzusetzen, es bleibt also nur zu warten und zu beten.

Von Seiten der Regierung wird derzeit ausgewählten besonders armen Bevölkerungsgruppen geholfen. Außerdem wurden Anfang Juni für wirtschaftliche Belange einige Lockerungen erlassen um die Wirtschaft zu entlasten.

Die Temperaturen in Pakistan liegen momentan bei 44-48 Grad. Es ist eine der heißesten Jahreszeiten im Land. Dies erschwert die Situation zusätzlich.  

Zumindest konnte das u.a. von vision:teilen e.V: geförderte Projekt, die „Medical Camps“ wieder aufgenommen werden. Die Lokalregierung hat hierfür die Erlaubnis erteilt. „Ich bin sicher, für viele Menschen ist diese medizinische Versorgung eine große Freude und Hilfe“, so Bischof Samson in seiner letzten Nachricht. Mit den bereits geschickten finanziellen Mitteln wird nun Nahrung beschafft und in drei ausgewählten Pfarreien verteilt. Die ärmsten Familien werden zusammengestellte Nahrungsmittel Pakete erhalten, von denen sie einige Wochen leben können. Wer genau die Nahrung erhält, wird von den zuständigen Priestern festgelegt.

(Stand 16.Juni 2020)

Im Folgenden ein Online Interview, das wir am 30.04.2020 mit Bischof Samson führen konnten.

Das Hauptanliegen war uns, einen Überblick über die aktuelle Situation in Pakistan zu bekommen. Wir wollten wissen, wie die Bevölkerung mit der aktuellen Lage umgeht, welche Maßnahmen bisher von Zivilgesellschaft, Regierung und der Katholischen Kirche erhoben wurden. Auch ein Update zu unserem Medical Camp Projekt konnten wir erhalten. Lesen Sie die Zusammenfassung[1] des Interviews oder schauen sie dich das komplette 30-minütige Interview an.


[1] In Pakistan wurde der erste Patient am 26. Februar positiv auf Corona getestet. Seitdem sind in den letzten zwei Monaten sind ca. 15.000 Menschen offiziell an dem Erreger erkrankt. Das letzte Update der Zahl der Toten am 30.04 ergab 384 Fälle. Seit mehr als einem Monat sind die Menschen nun im Ausgehverbot, dem Lock down, weshalb viele Menschen unter den Maßnahmen leiden. Nach offiziellen Angaben sind gestern, dem 30. April, allein 24 Menschen gestorben, heute wurden bis zum Mittag bereits 18 Tote verzeichnet. Die Zahlen steigen kontinuierlich an, der Höhepunkt scheint aber noch nicht erreicht. Die Krankheit breitet sich sehr schnell aus.

Was die Maßnahmen der Regierung betrifft, so hat diese die Menschen aufgefordert zu Hause zu bleiben (wie bereits erwähnt gibt es seit einem Monat einen „Lock down“). Die Regierung arbeitet sehr hart in dieser Angelegenheit und tut innerhalb der begrenzten Ressourcen, die ihr zur Verfügung stehen, ihr Bestes um den Menschen zu helfen. Fakt ist leider, dass die Ressourcen nicht ausreichen, um genügend Tests zu machen. Derzeit werden 7.000 – 8.000 Menschen pro Tag auf den Virus getestet.

In der Provinz Sindh, die nahezu das halbe Land umfasst, sind nach Schätzungen 11 % der Bevölkerung positiv getestet worden, und die Zahl der positiven Fälle steigt stetig an.

Vor allem unter der Ausgangssperre leiden viele arme Menschen. Besonders die Tagelöhner haben große Schwierigkeiten, da sie ihrer Arbeit nicht nachgehen können und keine Möglichkeiten haben, Einkommen zu generieren und dementsprechend Geld für Nahrungsmittel zu haben. In Pakistan leben die Menschen in großen Familien mit durchschnittlich 7-8 Familienmitgliedern. Die Häuser der einfachen armen Bevölkerung sind zudem oft sehr klein, weshalb es schwer ist, nur im Haus zu bleiben, denn es fehlt an Platz. Die Regierung appelliert zwar an die Menschen zu Hause zu bleiben, aber aufgrund der Umstände verlassen die Bewohner ihre Häuser trotzdem und gehen arbeiten. Sie sagen: „Wenn wir zu Haus bleiben, sterben wir an Hunger!“ Die Regierung hat derzeit ein Hilfsprogramm eingerichtet, über das die Menschen mit ihrem Personalausweis Hilfe bekommen können. Da es aber wenige gibt, die überhaupt einen Personalausweis haben, wird damit nur ein kleiner Teil der Bevölkerung begünstigt. Zudem erlaubt die Regierung , das gewisse Rechnungen nicht gezahlt werden müssen (Strom etc.). Aber auch dies betrifft nur wenige, da die Ressourcen limitiert sind. Die Intention der Regierung ist gut, sie tut ihr Bestes. Morgen sollen die Preise des Benzins runtergesetzt werden, denn in der ganzen Welt sind die Preise gesunken.

Die Kirche versucht zu unterstützen, wo sie kann, aber auch ihr fehlen die Mittel. Viele Menschen aus den 18 Pfarreien seiner Diözese bitten Bischof Samson telefonisch um Hilfe, und jede Pfarrei drängt und bittet um finanzielle Unterstützung. Aber die Katholische Kirche in Pakistan hat ein anderes großes Problem. Seit dem vergangenen Jahr können internationale Gelder nicht mehr einfach auf nationale Konten überwiesen werden. Dafür muss ein spezieller Freistellungsbescheid der Regierung ausgestellt werden, der dann bei den Banken eingereicht wird. Diese Erlaubnis hat derzeit nur die Nuntiatur und einige internationale Organisationen, die noch im Land sind. Daher ist es derzeit schwer Gelder von außen für die Armen zu erhalten, und nur die Nuntiatur darf noch Gelder für die Unterstützung der Armen in den Diözesen Pakistans annehmen.

Die Reaktionen in der Bevölkerung auf die Situation sind unterschiedlich. Im Moment wissen die meisten nicht recht, was sie tun sollen. Wenn sie zu Hause bleiben, haben sie nicht genügend Mittel um überleben zu können. Aber sie haben auch Angst raus zu gehen und sind unsicher, was geschieht, wenn sie das Haus verlassen. Gleichzeitig möchten die Menschen aber lieber rausgehen und arbeiten, als im Haus zu bleiben und womöglich an Hunger zu sterben. Dementsprechend hat die Regierung einige Verbote gelockert. So dürfen manche Geschäfte zu bestimmten Zeiten öffnen. Jeden Tag gibt es neue Informationen und man muss einfach abwarten und schauen, was passiert.

Die Regierung kommuniziert so gut sie kann. Alle Mittel die sie haben nutzen sie, aber die Bevölkerung ist groß, die Zahlen der Kranken sind hoch und das Gesundheitssystem ist der Situation nicht gewachsen.

Daher ist es wichtig, dass die Kirche den Armen hilft und unterstützt. Aber auch für die Kirche ist es zu schwer, denn die Mittel fehlen. Es werden daher alle möglichen Hilfsquellen angesprochen. Und den Ärmsten der Armen, die keine Arbeit haben, wird vorrangig geholfen. Aber es reicht einfach nicht und es wird mehr benötigt.

Der größte Bedarf besteht derzeit an Nahrungsmitteln. Es fehlt Vieles, aber Nahrung für das tägliche Überleben ist am dringendsten. Selbstverständlich wird auch medizinische Hilfe benötigt. Diese wird aber nicht nur wegen Corona, sondern auch wegen anderen Krankheiten benötigt. Und dafür gibt es nicht genug Ressourcen.

Was die Zukunft bringt weiß man nicht. Einige Geschäfte werden nach und nach öffnen und langsam wird es Lockerungen geben, der Rest muss abgewartet werden.

Das von vision:teilen jährlich unterstützte Project „Medical Camp“, dass seit 10 Jahren läuft, kann derzeit nicht stattfinden. Es ist eine Art kostenlose Ambulanz, die die Dörfer der Grenzregion abfährt und eine ambulante freie medizinische Behandlung anbietet.

Es werden hier Medikamente an mittellose Menschen verteilt, ohne dass diese dafür zahlen müssen. Viele von ihnen leben noch in Schuldsklaverei. Aufgrund der Ausgangssperre darf der Bus mit dem Arzt, der Krankenschwester und den Gesundheitshelfern derzeit nicht in die Dörfer fahren. Dies soll jedoch weitergehen, sobald die Ausgangssperre aufgehoben sein wird.

Deutlich wurde im Gespräch, dass die Pandemie nur ein zusätzliches Problem zu all der Armut und den medizinischen Problemen ist, die ohnehin in Pakistan das Leben der meisten bestimmen. 

Wir danken Bischof Samson für seine Zeit, seine Bemühungen für die Armen und den Einblick in die derzeitige Realität Pakistans!

Video Interview mit Bischof Samson aus Pakistan

Zum Video

 




Uganda:

Trotzdem es in Uganda kaum offizielle Corona Fälle gibt (887 Fäll und keine Toten, Stand 01.07) wurde schon Ende April eine komplette Ausgangsperre verhängt. Zunächst waren nur Schulen und Universitäten sowie die Geschäfte geschlossen, dann wurden teilweise die öffentlichen Verkehrsmittel stillgelegt. Irgendwann durfte niemand mehr das Haus verlassen und nur noch Autos der Regierung sowie die Boda Bodas (kleine Motoradtaxis) durften unterwegs sein. Die von diesem Verbot ausgeschlossenen Berufsgruppen waren Ärzte, Sicherheitspersonal und Bänker. Es folgte ein lauter Aufschrei der Journalisten, die daraufhin Sonderarbeitsgenehmigungen erhielten.

Wer nicht genügend Lebensmittel im Haus hatte, hatte nur die Möglichkeit diese über die Boda-Boda-Fahrer (Motorrad-Taxis) zu bestellen. Dies konnte allerdings nur, wer ausreichend Bargeld zur Verfügung hatte. Für die vielen Tagelöhner spitzte sich daher auch hier die Sachlage zu.

Mittlerweile werden die Restriktionen langsam gelockert. Die Schulen sollen voraussichtlich jedoch bis Anfang nächsten Jahres geschlossen bleiben. Das Land und seine Bevölkerung sind durch die unklare Kommunikation und fehlende Transparenz der Regierung sehr verunsichert. Doch die zeitweise aufgetretene extreme Panik scheint sich entspannt zu haben.

Da es kaum offizielle Krankheitsfälle gibt, scheint die Bevölkerung sich zu beruhigen. Die Dunkelziffern an Erkrankten scheinen jedoch bei weitem Höher zu sein. Aber wo es keine offiziellen Zahlen gibt, kann die Krankheit sich nicht ausbreiten! Das Gesundheitssystem Ugandas wäre nicht vorbereitet auf die Ausbreitung des Virus. Mit Hinblick auf die bald anstehen Wahlen scheint daher eine Negierung des Auftretens am einfachsten.

Unsere Partner berichteten uns, dass die Regierung vereinzelt Essen in den ärmsten Gegenden verteilt hat. Aber das Land ist groß und zur armen Bevölkerung zählen viele. Bisher hat die staatliche Versorgung daher nur rund 5% der Menschen erreichen können.
Wie bereits erwähnt ist Uganda derzeit auch im Wahlkampf. Für Februar 2021 sind Wahlen angesetzt und Präsident Yoveri Museveni, der das Land autoritär führt, muss in dieser Situation beweisen, was er dem Land zu bieten hat. Das Zugeständnis an die Journalisten durch die Sonderarbeitsgenehmigungen ist ein kleiner Schritt in eine wichtige Richtung. Unsere Partner wissen nicht, wie es weitergeht. Die anstehenden Lockerungen schaffen auf der einen Seite Erleichterung, auf der anderen Seite aber auch eine große Unsicherheit, wie im bunten Treiben des afrikanischen Landes Abstandsempfehlungen umgesetzt werden sollen.

 




Kenia:

In Kenia waren die Sicherheitsvorschriften anfangs relativ locker im Vergleich zu Uganda und im ostafrikanischen Vergleich. Die Vorschriften waren ähnlich wie bei uns in Deutschland. Schulen und Universitäten wurden geschlossen, Versammlungen wurden stark eingeschränkt (beispielweise sind nur noch private Gottesdienste bis maximal 10 Personen zugelassen), aber Märkte, Lebensmittelläden und Apotheken sowie Läden, die die wichtigsten Güter für den Alltagsbedarf anbieten, durften weiterhin geöffnet bleiben. Auch die meisten Berufe durften, wenn unter den gegebene Vorschriften möglich, weiter ausgeführt werden.


Einige Städte, die besonders vom Virus betroffen waren wurden zudem komplett verriegelt. So durfte eine Zeit beispielsweise niemand mehr aus bzw. nach Nairobi aus-/einreisen. In einigen Regionen haben die Gouverneure Maßnahmen ergriffen um der ärmsten Bevölkerung zu helfen. In El Doret und Mombasa beispielsweise wurden der Bevölkerung Lebensmittel von der Regierung zur Verfügung gestellt.

Die Angst vor den Auswirkungen der Corona Krise ist nach wie vor groß, zumal es in den großen Slums nicht möglich ist, Abstand voneinander zu halten und die Hände immer wieder zu waschen, während zusätzlich nicht ausreichend Wasser zur Verfügung steht. Aber auch in Kenia bereiten Hunger und die enorm verschlechterte Versorgung mit Medikamenten, beispielsweise für Aidspatienten, die weitaus größeren Sorgen.

 




Demokratische Republik Kongo:

Die Nachrichten über die Corona-Gefahr verursachen auch im Kongo große Ängste. Hier ist ebenfalls eine Ausgangssperre verhängt worden. Geistliche haben jedoch viele Freiheiten und Möglichkeiten sich weiter zu bewegen und ihren Tätigkeiten nachzukommen. Ebenso heißt es, dass die Infektionen vor Ort begonnen haben. Niemand weiß, wie dies angesichts des täglichen Chaos, einer fehlenden, wirklich demokratisch legitimierten Regierung sowie der schlechten medizinischen und generellen Infrastruktur weitergehen wird. Es fehlt zudem an allem: Mundschutz, Seife, Medikamente. Im Rahmen des Möglichen wird jedoch versucht Abstand zu halten und die Hygienevorschriften, wo möglich, in die Tat umzusetzen. Große Auswirkungen und viele Tote sind zu befürchten, da es kein breitenwirksames funktionierendes Gesundheitssystem gibt.

 




Peru:

Auch in Peru wurde der Notstand ausgerufen. Alles ist geschlossen, allem voran die Schulen, Universitäten und Kirchen. Lediglich Märkte, Krankenhäuser und Apotheken sind noch geöffnet. Der Präsident ist ratlos, welche Maßnahmen er noch erheben soll, denn die Bevölkerung begehrt auf und hält sich kaum an die derzeitigen Vorschriften. Das Land zeigt wie schwierig es für Schwellenländer ist, das Coronavirus unter Kontrolle zu bekommen – und das trotz harter Notstandsregeln. Mittlerweile liegt Peru mit seinen 32 Millionen Einwohnern liegt auf Platz sechs der weltweiten Corona-Statistik und hat inzwischen sogar Spanien und Italien überholt. Medienberichten zufolge reichten die Intensivbetten und die Beatmungsplätze schon vor Wochen nicht mehr aus. Der Präsident Martín Vizcarra hatte schon Mitte März eine Ausgangssperre verhängt - früher als viele andere lateinamerikanische Länder. Die Bürger sollten ihre Häuser nur für dringend nötige Lebensmitteleinkäufe verlassen dürfen. Doch die europäischen Maßnahmen passen nicht zur peruanischen Lebensrealität: Die Märkte sind wieder voller Menschen, denn diese haben keine Wahl. Viele arme Menschen können die Corona-Regeln nicht befolgen. Denn nur ca. die Hälfte aller Peruaner hat im Haushalt einen Kühlschrank; um sich frische Lebensmittel zu beschaffen müsse die Menschen also die Häuser verlassen. Und Millionen Menschen haben nicht einmal Zugang zu fließendem Wasser sowie nur gut ein Drittel aller Haushalte hat Internetzugang; Homeoffice wie in Deutschland ist daher undenkbar. Zusätzlich sind fast drei Viertel der Beschäftigten im informellen Sektor tätig, also auch hier ein Leben von der Hand in den Mund. Die Zahlen der Infizierten und Todesfälle steigen ständig, und die Restriktionen für das Leben werden von Tag zu Tag enger und belastender.

 



Brasilien:

Brasilien steht derzeit mit um die 2 Millionen bestätigten Corona Fällen und ca 75.000 Toten weit oben auf der Liste der Länder, in denen sich das Virus am schnellsten und gnadenlosesten ausgebreitet hat. Experten gehen davon aus, dass die tatsächlichen Zahlen noch höher liegen können, da in Brasilien wenig getestet wird. Gleichzeitig hat das Land einen Präsidenten der den Virus verharmlost, ihn als kleine Grippe abtut und durch die Macht der Medien und der Unterstützung der Lobby, die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt zu verhungern, sollte die Wirtschaft stillstehen. Das Resultat, fast ein Drittel der Bevölkerung glaubt der populistischen antidemokratischen Meinungsmache Bolsonaros und fordert teilweise die Absetzung des Parlamentes sowie einen Militärputsch (https://youtu.be/YIQHkdobM_o). Eine absurde Situation!

Immer wieder zeigte sich Bolsonaro ohne Mundschutz in der Öffentlichkeit und schoss Selfies mit Anhängern. Nun hat er sich selbst mit Corona angesteckt. Ein Wandel in der Politik des Staatschefs zeichnet sich dadurch jedoch nicht ab. Zusätzlich setzte er sich in der Covid-19-Behandlung für den Einsatz des umstrittenen Malariamittels Hydroxychloroquin ein. Die Wirksamkeit des Medikamentes in seinem eigenen Fall bekräftigt er. Die Risiken des Corona Virus hat der Staatschef bisher verharmlost, jetzt ist er selbst betroffen. Ein Wandel in der Politik des Regierungschefs ist jedoch nicht in Sicht. Bolsonaro wird seine Amtsgeschäfte weiterführen. Nach der Bekanntmachung seiner Erkrankung lehnte er als erste Amtshandlung ein Hilfspaket ab, das Indigenen und Schwarzen in der Pandemie zugutekommen sollte. Behörden wären dadurch in die Pflicht gekommen, diesen Bevölkerungsgruppen Zugang zu Trinkwasser, ärztlicher Versorgung und Desinfektionsmitteln zu garantieren.

Die detaillierten Nachrichten von unseren Partnern aus dem Bundesland Bahia zeigen Schlimmes. Dort heißt es:

„In Brasilien ist Corona erst in der letzten Woche offiziell „angekommen“. Der Präsident, Bolosnaro hat die Situation bis Donnerstag bagatellisiert und es als Medienpanik abgetan. Er sprach von dem Virus als eine „gripezinha“, ein Grippchen.

Die Gouverneure haben jedoch reagiert und seit Montag dem 23.03 wurden zunächst Schulen geschlossen und nach und nach öffentliche Veranstaltungen abgesagt. Die meisten Gouverneure haben auch eine Ausgangsperre verhängt. Der Präsident wollte diese zunächst überall wieder aufheben. Mit dem Slogan seiner „Kampagne“ „Brasilien darf nicht stillstehen“ ist er jedoch auf erheblichen Widerstand gestoßen. Die Gouverneure haben sich durchgesetzt und auch Bolsonaro ändert derzeit seinen Blick auf die Geschehnisse. Was die Tests betrifft, hätte Brasilien schon im Februar mit der Eigenproduktion dieser beginnen können, die technischen Voraussetzungen wären vorhanden gewesen. Damals winkte der Präsident jedoch ab: Horrorpropaganda der Lügenpresse. In Bahia müssen die Proben 525 km nach Salvador geschickt werden, von wo dann das lokale Krankenhaus nach einigen Tagen das Resultat erhält.

Und niemand redet von den Favelas, in denen 13 Millionen Brasilianer leben. Dort ist Versammlungsverbot, Abstand und Hygienevorschriften einzuhalten ein frommer Wunsch. Die Häuser dicht gedrängt, auf den schmalen, steilen Trassen kommt man nur eng aneinander vorbei und täglich gibt auf allen Fernsehsendern Reportagen, wie diese Menschen oft wochenlang kein Wasser zu Hause haben. Händewaschen ist hier daher nicht möglich und für Desinfektionsmittel fehlt das Geld.

Die Großstädte haben in der mittlerweile Krankenzentren einzurichten und sich auf die vielen Fälle vorzubereiten. In Sao Paolo wurde beispielsweise das Fußballstadion in ein Lazarett umgebaut, in dem die weniger schweren Fälle isoliert und behandelt werden können.

Was jedoch die Beatmungsgeräte angeht, die bei 15 % der Patienten notwendig sind, um das Leben zu retten, so verfügen etwa 60 % der brasilianischen Gemeinden, in denen 33,3 Millionen Menschen leben, über keinerlei Beatmungsgeräte in ihren Gesundheitseirichtungen. Die meisten Geräte befinden sich in den Städten.  Die medizinische Wüste konzentriert sich hauptsächlich auf die Regionen Norden und Nordosten.“

Unbegreiflich ist auch, dass der Präsident seine „Anhänger und Sympathisanten“ am 11. Juni 2020 aufruft, Krankenhäuser zu stürmen und die Situation zu filmen, denn er will so zeigen, dass die vielen Kranken und sterbenden Menschen „erfunden“ sind. Nach seinen Worten sind die Ärzte Lügner und Unterzeichner von Sterbeurkunden mit falschen Diagnosen. Eigentlich gibt es keine Worte, die diese Menschenverachtenden

Aktionen beschreiben könnten. "Die Invasion von Krankenhäusern kann eine Reihe von Verstößen gegen gesetzliche Normen darstellen, einige mit zivilrechtlichen

und andere mit strafrechtlichen Konsequenzen", sagt Frau Ana Beatriz Presgrave, Präsidentin der Interdisziplinären Kommission für die Kontrolle der öffentlichen Gesundheitspolitik des Bundesrates der Brasilianischen Anwaltskammer (OAB).

Währenddessen rückt die Pandemie immer mehr in die Kleinstädte und abgelegener Gebiete vor. Inzwischen ist das Virus auch in den entlegensten Dörfern und Regionen angekommen. Dies ist besonders kritisch, denn in diesen Orten sind infizierte

Menschen stunden- und auch oft tagelang unterwegs, um notwendige ärztliche Behandlung zu erhalten. Leider gibt es auch hohe Zahlen von indigenen Völkern, die sich infiziert haben und an der Krankheit gestorben sind.

 


 

 

Tadschikistan

Während Deutschland ins Leben zurück findet und das Gesundheits­system nicht über seine Grenzen belastet wurde, werden Beschrän­kungen für Bürger und Unter­nehmen gelockert. Der funk­tio­nie­rende Sozial­staat federt die wirt­schaft­lichen Folgen der Pandemie ab. Dagegen verlagern sich die Epi­zentren in die armen Regionen der Welt, hat dort ver­hee­rende Aus­wir­kun­gen und führt zu Worst-Case-Szenarien, die hier­zu­lande besten­falls als Rand­notiz wahr­ge­nommen werden.

Als einer der weltweit letzten Staaten meldete Tadschi­kistan am 30. April 2020 die ersten Covid-19-Fälle. Zu diesem Zeit­punkt waren die Flug­häfen und Grenzen des Landes bereits seit Wochen geschlossen. 14-tägige Quaran­täne­maß­nahmen wurden aus­nahms­los für alle vorgeschrieben, die das Land noch erreichten, darunter viele heim­keh­rende Gast­arbeiter aus Russland, deren Ein­nahmen den Familien nun fehlen. Anzunehmen ist jedoch, dass die Pandemie das Land bereits weit früher erreichte – aber es fehlte der Nachweis, und bislang ist die Labor­kapazität mit nur ca. 250 Tests pro Tag (Stand: 20. Mai 2020) sehr gering, so dass die offiziellen Zahlen die Situation nicht annähernd wider­spiegeln.

Tadschikistan hat 9 Mio. Einwohner, aber kaum Beatmungs­möglich­keiten oder Intensiv­stationen. In den Kliniken ist die Situation bereits zwei Wochen nach dem Ausbruch katas­tro­phal: Fehlende Medi­ka­mente, Schutz­aus­rüstung und Medizin­technik lassen eine geordnete medizi­nische Ver­sorgung nicht mehr zu, dabei ist der Andrang auf die Klinken sehr groß. Es fehlt an Seife, Des­infek­tions­mittel und Sauer­stoff. Selbst wenn man inter­na­tio­nale Hilfs­gelder für den Einkauf von Medizin­technik nutzen wollte: Der Weltmarkt für Beat­mungs­geräte wurde von den Industrie­nationen auf absehbare Zeit leer gekauft. Durch Hamster­käufe gehen lokalen Apo­theken die Medi­ka­mente aus. Die Lebens­mittel­preise sind gestiegen. Die Erkrankung geht durch alle Schichten, es sterben viele junge Menschen, bedeutende Personen des öffent­lichen Lebens, Lehrer, Imame, Ärzte. Niemand ist sicher und ein Ende ist nicht in Sicht.

Die Weltbank erwartet in Tadschikistan auf Basis der verfüg­baren Daten zwischen 72.000 und 230.500 schwere COVID-19-Infektionen, etwa 13.600 bis 43.500 kritische Infektionen, die eine Intensivpflege erfordern, und 6.600 bis 21.000 Todesfälle (siehe „Tajikistan Emergency Covid 19 Project“ vom 2. April 2020, als PDF abrufbar unter:

http://documents.worldbank.org/curated/en/756331585951394674/pdf/Tajikistan-Emergency-COVID-19-Project.pdf

Angesichts der aufziehenden Corona-Pandemie unterstützte unser Projekt das Land mit zwei Hilfslieferungen. Am 8. April 2020 wurden 750 kg Material der Firma Medgas Technik zur Wiederherstellung mehrerer Sauerstoffanlagen in Kliniken nach Tadschikistan geliefert. Da die internationalen Flughäfen zu diesem Zeitpunkt bereits für den Linienflugverkehr geschlossen waren, konnte die Fracht mit einem Charterflug der tadschikischen Gesellschaft Somonair von München nach Duschanbe gebracht werden, um die dringend nötige Sauerstoff-Produktion zu sichern und zu erweitern.

Am 18. Mai 2020 folgte der zweite Transport mit einem LKW, der eine große Anzahl an Masken und Handschuhen nach Tadschikistan lieferte. Diese Schutzausrüstung wurde von den Deutschen Botschaft in Duschanbe bestellt und in Klinken verteilt. Zudem konnten auch Teile des medizinischen Inventars für den Aufbau der geplanten Klink für Kieferorthopädie geliefert werden. Dort soll die Versorgung der an einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte (LKG) leidenden Kinder im Anschluss an die erforderlichen Operationen weitergeführt werden. Dieses Vorhaben wird von der Else-Kröner-Fresenius Stiftung unterstützt.

Wir bitten Sie um Ihre Hilfe: Mit Ihrer Spende können Schutzausrüstung, Seife, Desinfektionsmittel, Ersatzteile für Medizintechnik, Verbrauchsmaterial und vieles mehr beschafft werden, das Covid-19-Patienten und Ärzte in Tadschikistan dringend brauchen. Vielen Dank!

Weiterführende Links:

Die Vereinten Nationen (UN) berichten wöchentlich über die Entwicklung der Lage in Tadschikistan: https://untj.org/?page_id=12704

 


 

... und dies ist erst der Anfang.

Wir alle spüren die Unsicherheit und Verängstigung, die der neuartige Virus in aller Welt verbreitet. Bei uns hat sich Lage mittlerweile zwar wieder beruhigt, aber ob eine zweite Welle zu erwarten ist, lässt sich nur schwer sagen. Corona hat unsere Welt zu einer anderen gemacht.  Was die Konsequenzen sein werden, ist einfach noch nicht abzusehen. Denn nicht nur die Volksgesundheit praktisch aller Länder wird auf ihre härteste Probe seit Menschengedenken gestellt, sondern auch die nationalen und internationalen wirtschaftlichen Folgen übersteigen schon jetzt alles Vorhergewesene. Ohne Zweifel verändert Corona unsere Welt. Es bleibt zu hoffen, dass die Menschen nach Corona mehr Verständnis füreinander aufbringen und Solidarität eine höhere Stellung bekommt – und das wir schon jetzt, während der Krise, an die denken und denen die Hand reichen, die sie am dringendsten brauchen, national wie international, über die Kontinente und ihre eigenen Sorgen hinweg.


Für weitere Informationen steht Ihnen unsere Projektreferntin zur Verfügung:

Kontakt:



Manuela Vollbrecht
0211-6683373
projekte(at)vision-teilen.org

Manuela ist Projektreferentin mit dem Schwerpunkt Auslandsprojekte. Die gelernte Diplom Regionalwissenschaftlerin für Lateinamerika hat seit Beendigung ihres Studiums Projekterfahrung in unterschiedlichen Ländern Lateinamerikas und Westafrikas gesammelt. Ihre thematischen Schwerpunkte liegen in den Bereichen Ernährungssicherung, Landrechte, Klimawandel und REDD+.

 

Menü

Wähle deine Sprache: