Hilfe für den Libanon

„Ihr seid nicht allein!“

 

Auf ein Wort

Lebensfreude, Handelssinn, ein natürlicher Optimismus gerade unter den Jugendlichen – wer Beirut besucht, fragt sich: Woher nehmen diese Menschen nach so viel Zerstörungen wie gerade in diesen Tagen und den immer wieder ins Land geschleppten kriegerischen Auseinandersetzungen der Nachbarn die Kraft, all den Schicksalsschlägen zu trotzen und immer wieder neu zu beginnen? Der Überlebenswille und der Gestaltungswille im Libanon ist mehr als erstaunlich.

Aber auch der stärkste Lebenswille kommt an seine Grenze, wenn die Verzweiflung über das riesige Unglück und die drohende Hungersnot überhand nimmt und dieses kleine Land nicht mehr in der Lage ist die eigene Bevölkerung am Leben halten. Die kleinen eigenen Ackerflächen reichen dafür nicht. Wie also kann es gehen? – Martin Keulertz, als Düsseldorfer Experte und Professor in Beirut für Landwirtschaftsfragen, stellt sich immer wieder diese Frage. Er kennt die Not und will ihr nicht tatenlos gegenüberstehen. Er weiß, wo und wie wir als vision:teilen gemeinsam mit ihm helfen können – nicht für ein ganzes Land, aber für konkrete Menschen, die auf uns warten. Und die können und wollen wir nicht enttäuschen, vor allem nicht in dieser Ausnahmezeit, in die uns der Feuerball im Hafen gestürzt hat. Mit Professor Keulertz gilt es, auf die Not der Menschen Antwort zu geben – hier und jetzt. Und das wollen wir tun. Machen Sie mit?!

Ihr Bruder Peter Amendt

Zur Person

Martin Keulertz, durch seine Professur in Beirut ein „Wanderer zwischen zwei Welten“ – der des Libanon und der westeuropäischen Welt -, ist zurzeit in Düsseldorf, seiner Heimatstadt. Aber die Gedanken sind immer wieder im Libanon, bei seinen Gesprächspartnern und den engagierten Vertretern der verschiedenen nationalen, kulturellen und religiösen Gruppen, mit denen Martin tagtäglich zu tun hat. Aber so spannend diese Unterschiede und unterschiedlichen Wurzeln auch sind, sie stehen diesmal nicht im Mittelpunkt der Überlegungen. Denn inzwischen teilen alle ein Schicksal: Es braucht Hilfe in höchster Not und dringend Lebensmittel, die das Land nicht hat- es droht Hunger und Verhungern. Wir haben Prof. Keulertz danach gefragt:

„Ihr seid nicht allein!“

v:t: Herr Prof. Keulertz, der Libanon, politisch stets ein labiles Gebilde, steht nunmehr vor einer seiner größten Herausforderungen: dem Zusammentreffen des riesigen Unglückes und zugleich einer drohenden Hungersnot. Woher kommt diese existentielle Krise und wie ist sie zu beurteilen?

M. Keulertz: Die Situation der Verzweiflung, die wir alle in unseren Medien mitverfolgen können, beginnt nicht erst mit dem Brand im Hafen.
Die Krise ist viel länger und hat viele Gründe. Begonnen hat sie eigentlich schon Ende 2017, wenngleich langsam. Damals wurde der libanesische Premierminister in Saudi-Arabien entführt und festgehalten für mehrere Tage. Seitdem haben Investoren klammheimlich immer mehr Geld aus dem so wichtigen Bankensektor des Libanons abgezogen. Der Staat konnte immer weniger seine Verpflichtungen erfüllen, so dass im Oktober 2019 die Menschen auf die Straße gegangen sind, um die Ablösung der politischen Klasse zu fordern. Seitdem gibt es eine neue Regierung, aber die Währung ist um knapp 80% eingebrochen.

Jedoch ist Währungsstabilität entscheidend für ein Land, welches 80% seiner Lebensmittel importieren muss, da es weder genug Land noch Wasser hat, um sich selbst zu versorgen. Importe werden von Woche zu Woche teurer und somit steigen die Preise für Lebensmittel. Und dies nicht weil die Weltmarktpreise gestiegen sind, sondern weil die lokale Kaufkraft aufgrund der kollabierten Währung eingebrochen ist. Eine teuflische Spirale nach unten hat begonnen: die Menschen haben kein Geld mehr für Lebensmittel. Dies trifft nicht mehr nur die Armen, sondern auch die Mittelschichten sind betroffen.

v:t: Der Nahe Osten kommt zurzeit nicht zur Ruhe. Viele kämpfen um Macht und Vorherrschaft. Was bedeutet es, wenn nunmehr das riesige Ausmaß der Zerstörung und die Hungersnot die Situation im Libanon nochmals verschärft?

M. Keulertz: Ein hungernder Libanon wird zu einem Exodus der Menschen führen. Gefühlt im Gespräch auf den Straßen möchte fast jeder nach Europa oder Nordamerika. Zudem bietet der Libanon bis zu zwei Millionen Syrern Asyl. Oft leben sie in prekären Unterkünften, aber sie leben hier und damit hat das Land Europa einen großen Gefallen getan.

„...ABER DIE FLÜCHTLINGE LEBEN UND BLEIBEN IM LIBANON UND DAMIT HAT DAS LAND
EUROPA EINEN GROSSEN GEFALLEN GETAN“

v:t: Europa ist sehr mit sich selbst und den Folgen von Corona beschäftigt. Liegt es da nicht nahe zu sagen: Was geht das uns an?

M. Keulertz: Ein Exodus aus dem Libanon bedeutet für Europa eine mögliche, neue Flüchtlingswelle. Gerade in Zeiten der Pandemie könnte dies für noch größere Herausforderungen als 2015 sorgen. Noch kann man helfen. Noch kann man Mittel zur Verfügung stellen, um die aktuelle Not und den zu erwartenden schweren Winter abzumildern und die Menschen wenigstens mit Lebensmitteln zu versorgen. Wir sollten immer bedenken: Der Hunger ist immer wieder eine Antriebskraft für Flucht.



v:t: Wenn es so wichtig ist, gerade jetzt ein Zeichen der Hilfe zu setzen und die Menschen im Libanon nicht allein zu lassen, was sollte nach Ihrer Meinung ein kleiner Verein wie vision:teilen in dieser Situation tun?

M. Keulertz: vision:teilen kann aus Düsseldorf durch aktives Tun mithelfen diesen Winter für viele Menschen im Libanon erträglicher zu machen. Das Ziel ist 200 Familien für die Wintermonate zu versorgen von November bis Ende Januar. In diesen Monaten ist es zu kalt und nass für ausreichende Ernten. Erst ab Februar steigt das lokale Angebot auf den Märkten. Eine fünfköpfige Familie braucht 5 EUR pro Tag für Lebensmittel zum Überleben. Dies macht pro Monat 150 EUR. Das klingt nach viel Geld und das ist es auch, aber der Grund ist, dass man im Libanon dieselben Weltmarktpreise bezahlt wie auch in Deutschland.

Damit macht Düsseldorf einen Anfang und setzt ein Zeichen gegen die aktuelle Not mitsamt dem Hunger und alle möglichen Fluchtursachen. Düsseldorf ist nicht nur eine reiche Stadt, sondern auch eine weltoffene, solidarische Stadt. Genau diese Botschaft wollen wir rüberbringen. Düsseldorf hilft und lässt niemanden im Stich, gerade in Zeiten eines so riesigen Unglücks und im Angesicht der Pandemie und des Hungers, der nicht auf sich warten lässt.

v:t: Vielen Dank für Ihr Interview. Da bleibt uns ja wirklich nichts anders als anzupacken!
Bitte sagen Sie Ihren Leuten im Libanon: Ihr seid nicht allein!


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Nothilfe Libanon
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Stichwort: Libanon
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