Auf dem Abstellgleis

Über die Kehrseite eines Mantras

 

Kennen auch Sie jenes Sprichwort, das Napoleon zugeschrieben wurde und mit dem er seine Soldaten motiviert hat: „Jeder Soldat hat den Marschallstab im Gepäck“.Nun, um es vorweg zu sagen, es geht mir nicht um das Militär, sondern lediglich darum, dass dahinter eine ganz moderne Vorstellung zum ersten Mal für mich anklingt: „Du allein bist Deines Schmiedes Glück“: „Du musst nur wollen, dann wird etwas aus Dir, und die Welt steht Dir offen“.

Dieses Mantra, dem wir heute immer wieder begegnen und das die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich erträglich und verkraftbar machen soll, hat eine Kehrseite: „Wenn nichts aus Dir wird, bist Du es selber schuld“.

Kein Wunder, dass eine solche verinnerlichte Haltung den einzelnen eher noch niederdrückt und es noch schwerer macht, aus dem gesellschaftlichen Rand und der Schattenseite des Lebens herauszukommen. Und das gilt für eine wachsende Zahl derer, die in offener oder „verschämter“ Armut auf der Straße leben oder sich der Schulden nicht mehr erwehren können (trotz aller wichtigen staatlichen Hilfen und Vorkehrungen) oder die sich aus der Gesellschaft zurückziehen und total vereinsamen. Sie alle spüren: „Wir leben am Rande. Wir zählen nicht“. Und abgesehen vom pflichtmäßigen Regelservice etwa bei Alten und Behinderten: „Wer hat noch Zeit für mich? Wofür lebe ich überhaupt?“

Für uns in vision:teilen e.V. ist es keine Frage der Statistik, sondern des einzelnen Menschen, der derart „am Rande“ lebt und uns braucht: nachts auf der Straße, auf der Suche als Obdachloser nach einer Wohnung, als Opfer der Vereinsamung in den eigenen vier Wänden, oft noch durch Behinderungen zusätzlich erschwert.

Sein Schicksal berührt uns, geht uns an. Darum heißt die Antwort: Wir sind für Dich da!

Diese Antwort fällt ganz verschieden aus, so wie die Menschen und ihre Nöte verschieden sind, wann und wo wir ihnen begegnen.

 

Gutenachtbus:

Nachts auf der Straße in der Altstadt und in der Nähe des Hauptbahnhofes: für die, die bis dahin keine Unterkunft gefunden haben, sind wir mit dem gutenachtbus da, und das an zwei Stellen mit unseren über 60 Ehrenamtlichen in 5 Teams: am Platz vor dem Kom(m)ödchen um 22.00h und ab 23.30 auf dem Platz an der Kreuzung Friedrichstraße/Karlstraße nahe beim Hauptbahnhof. Unentgeltlich gibt es alles, was man für die Nacht draußen braucht: zu essen, zu trinken, Wäsche, Schuhe, Schlafsäcke, Decken, Hygienemittel. Und vor allem: Ehrenamtliche, die jederzeit zum Gespräch auf gleicher Höhe bereit sind. Das Ziel: Gastfreundschaft und die einladende Hand.

 

Housing First:

Zugleich sind wir Teil der Bewegung „Housing First“, will sagen: Obdachlose brauchen zuerst eine Wohnung, alles andere kommt danach. Da es für sie in Düsseldorf so gut wie keine freien Wohnungen gibt, haben auch wir einige wenige Wohnungen gekauft, die wir an sie dauerhaft zu Jobcenter-Preisen vermieten. Die neuen Mieter werden hierbei eng von unseren SozialarbeiterInnen betreut. Ein erfolgreiches Projekt, denn nur so ist eine Schrittweise Rückkehr zur Normalität möglich.

 

„hallo nachbar!“:

Für Mitbürgerinnen und Mitbürger in Vereinsamung stehen unsere vier Sozialarbeiterinnen und über 130 Ehrenamtliche bereit, um zu helfen, dieser krankmachenden Einsamkeit zu entfliehen: durch praktische Hilfen, durch Gespräche, durch neue Freundschaften, vor allem auch mit alleinlebenden Behinderten, die allein ihre Wohnungen nicht verlassen können. Schon mehr als 120 „Nachbarn“, wie wir sie nennen, sind dankbar, inzwischen ihren „Freund und Begleiter“, ehrenamtliche Frauen wie Männer, zu haben, die ihnen neue Lebensqualität schenken.

 

Wir wissen, wir können den Rand der Gesellschaft nicht abschaffen, aber wir können helfen, dass er kein dauerhaftes menschenunwürdiges „Abstellgleis“ ist.

 

Dreiklang für Düsseldorf

„hallo nachbar!“ „gutenachtbus“ „housing first“

Diese Dreiheit der Projekte hat in vision:teilen ein gemeinsames Ziel: Denen die Hand zu reichen, die am Rande der Gesellschaft stehen und unser Hilfe brauchen. Alle drei gehören zusammen, bilden eine Einheit – die Einheit der Nächstenhilfe für die, die es allein nicht mehr schaffen.

Die „helfende Hand“ richtet sich bewusst an die, die „auf der Schattenseite des Lebens“ sind. Denn sie brauchen uns am meisten!

 

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